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Das Altarkreuz in der Bessunger Kirche

Petrusgemeinde Darmstadt

Die Bessunger Kirche zeigt sich seit 1965 in schlichter Gestalt. Das war das erklärte Ziel der für die Renovierung damals Verantwortlichen. Zu ihnen gehörte auch der Darmstädter Künstler Fritz Schwarzbeck, der den Brautgang der Kirche und das Altarkreuz mit den dazu gehörigen sechs Kerzenständern gestaltet hat.

Eine Plastik sei nie nur ein Abbild, sondern immer auch Sinnbild, so sagte Schwarzbeck einmal. Nicht allein Altarbilder, sondern Sinnbilder zu schaffen, das motivierte den Künstler zu seiner Arbeit: sein Werk hält nicht eine augenblickliche Situation oder Atmosphäre fest ? es weist über sich selbst hinaus auf Höheres. Ist Kunst wirklich Kunst, so findet sie den Weg zur Seele des Betrachters, um dort die eine oder andere Saite erklingen zu lassen. Das zeigt uns, dass der Mensch auch außerhalb des religiösen Raumes bemüht ist, Kontakt zum Heiligen aufzunehmen. Das Heilige fasziniert und erschüttert uns, ohne dass die menschliche Sprache eine Möglichkeit findet, diese Wirkung des Heiligen zu bannen.

Bildende Kunst will uns faszinieren und erschüttern. Gelingt es ihr, so ist sie Ausdrucksform des Heiligen und Worte können sie nicht einfangen noch fassen. So ist für den Künstler die Kirche ein Raum neben anderen Räumen, in denen er seine Werke schafft. Immer soll das Unsagbare ausgedrückt, der betrachtende Mensch auf den Grund seines Seins verwiesen werden. Das Kreuz an sich ist Christen ein Symbol für den Abgrund ihres Seins, für Tod und Leben in göttlicher Abhängigkeit. Fritz Schwarzbeck hat Kunst geschaffen, und er hat das Altarkreuz für die Bessunger Kirche geschaffen. Fritz Schwarzbeck hat mit diesem Altarkreuz Kunst geschaffen. Schlicht ist die äußere Form: Ein Quadrat, aus dem das Kreuz heraus gearbeitet ist. Schlicht ist die Gestalt des Gekreuzigten. Nicht sein Leben und Sterben stehen im Mittelpunkt der Darstellung und bannen den Blick, sondern mit erhobenem Haupt ist er dargestellt ? der gekreuzigte Sieger über Gewalt und Ungerechtigkeit, über menschliche Macht und Ohnmacht.

Dem Betrachter steht es frei, je nach Gemütslage Erniedrigung oder Erhöhung des Christus zu sehen und auf sich wirken zu lassen. Das Quadrat oder die Vielzahl ist ein Symbol menschlicher Ganzheit. Das Quadrat, auch gleichseitiges Vieleck genannt, finden wir als Bildrahmen, sowie viermal in je einer der vier Ecken, die vom Kreuz ausgespart werden. In die vier ausgesparten Ecken hat Schwarzbeck die vier Evangelistensymbole hineingearbeitet: Den Adler, den Löwen, den Stier und den engelhaften Menschen. Von den vier Evangelisten erfahren wir aus je eigener Perspektive, wer Jesus war, nämlich dass er uns der Christus sein kann. Die vier Evangelisten sind die Beine seines Thrones: Für Matthäus steht der Engel oder der Mensch. Matthäus stellt das menschliche Sein Christi ins Zentrum seines Evangeliums. Für Lukas steht der Stier, das klassische Opfertier der Antike. Am innigsten weist Lukas auf den Opfertod Christi hin. Markus, der Löwe, betont die Kraft der Auferstehung und Todesüberwindung. Für Johannes, den Adler, ist besonders Christ Himmelfahrt bedeutsam.

Auch die Vierzahl als ein Hinweis auf das Heilige, das Person geworden ist in Christus. In ihm konkretisiert es sich, das immer beides ist, faszinierend und angsterregend. Faszinierend ist Christi Triumph über die gewalttätigen Mächte, beängstigend sein Leiden an ihnen.

Karin Weißer, Dezember 1995

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